Schülerinnen der Ida Ehre Schule ziehen ernüchterndes Fazit ihrer Diskussion mit Bürgermeister Peter Tschentscher. Von Matthias Greulich.
Als die Schülerinnen am Freitag im Kunstunterricht in der Ida Ehre Schule sitzen, liegt ihr Besuch im Rathaus zwei Tage zurück. Dort waren Hanna Griffin, Cora Leppert und Paula Möller als Teilnehmer des Fotowettbewerbs „Protest.sucht.Motiv“ von Bürgermeister Peter Tschentscher ausgezeichnet worden. Anschließend redete der SPD-Politiker eine Stunde mit den Schülern. „Ich fand die Diskussion gut“, sagt Leppert (17), „aber der Bürgermeister ist unseren Fragen ausgewichen.“
Im Kunstraum zählen sie beim Gespräch auf, was sie den Senatschef gefragt hatten: Warum der öffentliche Nahverkehr in Hamburg nicht kostenlos sei, was die Politik für Klimaschutz tue und die Bundesregierung gegen die Lagerung amerikanischer Atomwaffen auf ihrem Staatsgebiet unternehme. „Ziemlich viele Ausflüchte“ hätten die Antworten des Bürgermeisters enthalten, findet auch Paula Möller (18).
Die große Mehrheit der Jugendlichen hat bei der Europawahl und den Bezirkswahlen weder CDU noch SPD gewählt. Wenn allein das Video des Youtubers Rezo Jugendliche von der Wahlentscheidung für die Volksparteien abgehalten haben soll, kann Hanna Griffin (18) nicht gemeint gewesen sein. Sie hat es nicht angesehen. Ihre beiden Mitschülerinnen schon. Cora Leppert fand, dass Rezo erst „gegen Ende richtig gut wurde“. Die Reaktion auf das Video durch die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer sollte man „als Partei nicht bringen“, sagt Leppert.
FREITAGS SCHULSTREIK,
WENN KEINE KLAUSUR ANSTEHT
Es ist gut, dass der Kunstkurs an der Ida Ehre Schule freitagnachmittags auf dem Stundenplan steht. Häufig, wenn auch nicht immer, waren die drei Schülerinnen vormittags bei den „Fridays for Future“-Demonstrationen. „Wenn Klausuren anstanden, bin ich in die Schule gegangen“, sagt Griffin. 7.000 Demonstranten waren es am vergangenen Freitag, die eine Schweigeminute für das Klima einlegten. Bürgermeister Tschentscher sagte den Schülern, er nähme ihr Anliegen ernster, wenn sie außerhalb der Schulzeit demonstrierten. „Er hat unseren Protest abgekanzelt“, sagt Leppert.
Zahlreiche Wettbewerbsbeiträge zu „Protest.sucht.Motiv“ sind im Kunstunterricht bei Julia Muhs entstanden. Einer von ihnen wurde von einem Unbekannten im Klassenraum fotografiert und tauchte in einer Schriftlichen Kleinen Anfrage der AfD-Fraktion an den Senat auf (das Elbe Wochenblatt berichtete). „Als ich das sah, wusste ich, dass es groß wird. Gefühlt hab ich die Anfrage aber nicht ernst genommen“, so Paula Möller, die damals mit anderen auf einem Schüleraustausch auf Island war. Ihre Mitschüler traf sie dann drei Stunden nach ihrer Rückkehr nach Hamburg auf der Demonstration „Antifaschismus ist kein Verbrechen“.
„Alles drehte sich um Sticker, die überall auf der Straße kleben“, wundert sich Cora Leppert noch heute. Zusätzlich politisiert habe sie die Diskussion um ihre Schule nicht. „Das war ich vorher schon“, so Leppert.