Ein Gespräch mit Midge Ure vor seinem Konzert im Gruenspan. Interview Matthias Greulich.
Mister Ure, was gefällt Ihnen an Hamburg?
Midge Ure: Ich mag die Stadt, weil sie sehr ähnlich wie meine Heimatstadt Glasgow ist. Es gibt dort starke Charaktere. Wenn ich nur an Conny Plank denke, der einige Alben von Ultravox produziert hat.
Wie lief die Zusammenarbeit mit Plank, der bis zu seinem Tod vor 30 Jahren unter vielen anderem Kraftwerk zu ihrem eigenen Sound verhalf und in Hamburg mit Udo Lindenberg und Otto Waalkes in einer WG gewohnt hatte?
Midge Ure: Er kam vom Krautrock und war war wie ein Vater zu uns. Mit ihm lief es entspannt und eher hippiemäßig im Studio ab.
Später haben Sie für Ultravox mit George Martin, dem 2015 verstorbenen Beatles-Produzenten, gearbeitet.
Midge Ure: Conny und George waren beide brilliant, aber völlig unterschiedlich, was ihre Arbeitsweise und ihr Aussehen betraf. Conny sagte: „Ihr seid die Band“ und ließ uns bei den Arrangements freie Hand. George Martin war sehr musikalisch und reduzierte unsere Ideen auf das Wesentliche. Er setzte sich ans Klavier und arbeitete an den Songs mit uns.
Sind sich beide jemals persönlich begegnet?
Midge Ure: Oh ja, beim letzten Ultravox-Album, das wir in Montserrat in der Karibik aufnahmen. Sie hatten großen Respekt vor der Arbeit des anderen und sind gut miteinander klar gekommen.
Midge Ure: Ich muss Ihnen eine Anekdote erzählen.
Sehr gerne.
Midge Ure: George Martin hatte bei den Aufnahmen sein „Dream Team“ dabei, zu dem auch Beatles-Toningenieur Geoff Emerick gehörte. Es war sehr old school und etwas altmodisch, wenn sie miteinander sprachen. Einmal sagte George zu den anderen, als sie eine Gesangsaufnahme von mir anhörten: „Es klingt noch nicht richtig. Haben wir Johns Mikrophon dabei?“ „Haben wir“, antwortete Geoff und holte ein teures Neumann-Mikrophon aus einem Koffer.
Sie sangen in das Mikrophon von John Lennon.
Midge Ure: Es war beängstigend. Ich hatte Angst, zu nah ran zu gehen.
In Ihrer Autobiografie, die nach einem Ihrer Solohits „If I Was“ heißt, schreiben Sie sehr offen über Ihren Alkoholentzug. Reagieren Ihre Fans auf den Konzerten seitdem anders auf Sie?
Midge Ure: Ich fühlte mich damals sehr unwohl, intime Geheimnisse öffentlich zu machen. Die Leser lernen mich persönlich kennen. Bei den Konzerten spüre ich seitdem einen anderen Respekt. Das Publikum kann sich darauf beziehen, was mir passiert ist.
Das ist neu für Sie?
Midge Ure: Vor 20 bis 40 Jahren waren Künstler unerreichbar. Die Fanpost kam zur Plattenfirma nicht zu ihnen. Seit Social Media sind sie nahbar. Das ist wirklich nicht schlecht.
Wie hat sich Ihre Musik nach Ihrer akustischen Tour des vergangenen Jahres verändert?
Midge Ure: Ich trete gemeinsam mit der Band Electronica auf. Dementsprechend ist dieses Mal alles sehr elektronisch, sehr hightech. Bis wir alle Einstellungen so hinbekommen haben, um die akustischen Sounds zu reproduzieren, war’s sehr kompliziert. Aber es hat sich gelohnt.
Ihre Tour führt Sie an Ihrem 64. Geburtstag am 10. Oktober nach Glasgow. Wird dann in der Royal Concert Hall „When I’m Sixty Four“ gesungen?
Midge Ure: Da komme ich wohl nicht drum herum. Aber ich finde es lustig. Für die Glasgower bin ich ein Freund.
Eine letzte Frage: Lehnen Sie als Schotte den Brexit ab?
Midge Ure: Nicht nur als Schotte. Der Brexit ist Müll. Eine schlechte, schlechte, schlechte Entscheidung. Es ist verrückt, nicht durchdacht und ein Riesenproblem. Ganz egoistisch wird es einen großen Unterschied in meinem Leben bedeuten. Wenn ich auf Tour nach Deutschland reise, brauche ich zukünftig eine Arbeitserlaubnis.
❱❱ Midge Ure mit Electronica,
Dienstag, 3. Oktober, 20 Uhr, Gruenspan, Große Freiheit 58, Tickets (41 Euro plus Gebühren) unter Tel. 0234/ 947 19 40 oder unter www.lb-events.de
Midge Ure
Bekannt wurde der 63-jährige Schotte als Sänger der New-Wave-Band Band Ultravox. Hits wie „Fade to Grey“ „Dancing with Tears in My Eyes“ oder der international bekannte Klassiker „Do They Know It’s Christmas“ stammen aus seiner Feder. Doch nicht nur musikalisch, auch sozial ist das Multitalent überdurchschnittlich engagiert. So gründete er gemeinsam mit Bob Geldof das Hilfsprojekt Band Aid und war die treibende Kraft hinter den Benefizkonzerten Live Aid und Live 8.
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