Porträt: Matthias Arfmann ist einer der ungewöhnlichsten Musikproduzenten des Landes und Manager von Jan Delay
Nach dem Applaus hat der Mann im Hintergrund den weitesten Weg. Wie ein Fahrgast, der noch die letzte S-Bahn erreichen will, ist Matthias Arfmann an den Streichern rechts an der Bühne vorbei gesprintet, um am Platz zu sein, wenn Dirigent Clark Rundell seinen Taktstock zur Zugabe hebt. Der drahtige Hamburger fällt neben den 84 Musikern der Radiophilharmonie kaum auf, aber ohne seine Hartnäckigkeit hätte es die Aufführung von „Ballet Jeunesse“ im großen Sendesaal des NDR in Hannover nie gegeben
Arfmann trägt einen maßgeschneiderten Anzug, spielt aber dieselbe Gitarre wie zu seinen Punkzeiten als Mitglied der Indieband Kastrierte Philosophen. Für „Ballet Jeunesse“ hat er Ballettklassiker wie Sergei Prokofjews „Romeo und Julia“ oder Pjotr Iljitsch Tschaikowskys „Nussknacker“ so bearbeitet, dass sie auch für ein Hip-Hop-Publikum attraktiv sind. Dessen Hörgewohnheiten kennt er bestens. 1999 haben die damals noch Absolute Beginner auf dem „Bambule“-Album ihrem Produzenten die Zeilen „Arfmann, an den Reglern, macht den Shit tight“ gewidmet.
An seinem Mischpult in einem zum Studio umgebauten Apfelspeicher in Neuenfelde kreierte der Tüftler einen Sound, der Hörer immer wieder fragen ließ, wie er das jetzt wieder gemacht hat. In Neuenfelde entstand auch das erste Soloalbum von Jan Delay, dessen Manager Arfmann seit 2006 ist.
Beide kennen sich seit Anfang der 1990er-Jahre als der Gymnasiast Jan Philipp Eißfeldt, wie Delay bürgerlich heißt, begann mit ihm Songs aufzunehmen. Der Hamburger Indiemusiker erkannte und förderte das Talent und den Sprachwitz der Band. „Bestimmte Haltungen haben wir gemeinsam entwickelt”, so Arfmann Das galt insbesondere für ihre künstlerische Freiheit und die mangelnde Lust der Band, als Popstars vereinnahmt zu werden.
Als Manager ist der gebürtige Bremer ein Autodidakt, der sich durch seine verbindliche Art Respekt erwarb und 2009 den Musikpreis „Hans“ für „Herausragende Hamburger Künstlerentwicklung“ bekam.
Seine guten Kontakte im Musikbusiness halfen ihm, als „Ballet Jeunesse“ ins Stocken geriet, weil Prokofjews Urenkel die nötige Freigabe verweigerten. „Mehrmals war das Projekt, in das wir soviel Arbeit gesteckt hatten, tot“, so der 53-Jährige. Doch Arfmann besorgte sich die E-Mail-Adressen der Prokofjews, schickte ihnen die Bearbeitungen und konnte sie umstimmen. Das war bislang noch niemandem gelungen. Nach mehr als sieben Jahren konnte er „Ballet Jeunesse“ mit großem Orchester aufführen.
„Es war die Erfüllung eines Traums“, sagte er. Die Texte, die „Ballet Jeunesse“-Sängerin Onejiru Schindler geschrieben hat, sang Arfmann mit geschlossenen Augen mit, so viel bedeuten sie ihm.
In Hannover, wo dem reiferen Abonnentenpublikum Arfmanns Verdienste um den Hamburger Hip-Hop eher egal sind, gibt es am Ende lang anhaltenden Applaus. „Ich möchte mit meinem Team noch weiter“, sagt Matthias Arfmann. Ein Auftritt in der Elbphilharmonie dürfte die nächste Etappe sein.
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